Wie’s der Alte macht, ist’s immer richtig
Original-Übersetzung
Eine Geschichte werde ich dir erzählen, die ich hörte, als ich noch ein kleiner Knabe war. Jedes Mal, wenn ich an die Geschichte dachte, kam es mir vor, als würde sie immer schöner; denn es geht mit Geschichten wie mit vielen Menschen, sie werden mit zunehmendem Alter schöner.
Auf dem Lande warst du doch gewiss schon einmal; du wirst wohl auch so ein recht altes Bauernhaus mit Strohdach gesehen haben. Moos und Kräuter wachsen von selber auf dem Dach; ein Storchennest befindet sich auf dem First desselben, der Storch ist unvermeidlich! Die Wände des Hauses sind schief, die Fenster niedrig, und nur ein einziges Fenster ist so eingerichtet, dass es geöffnet werden kann; der Backofen springt aus der Wand hervor, gerade wie ein kleiner dicker Bauch; der Fliederbaum hängt über den Zaun, und unter seinen Zweigen ist ein Wassertümpel, in dem eine oder mehrere Enten liegen. Ein Kettenhund, der alle und jeden anbellt, ist auch da.
Gerade so ein Bauernhaus stand draußen auf dem Lande, und in diesem Hause wohnten zwei alte Leute, ein Bauer und eine Bäuerin. Wie wenig sie hatten, ein Stück war darunter, das nicht entbehrlich war – ein Pferd, das sich von dem Gras nährte, das es an den Einzäunungen der Landstraße fand. Der alte Bauer ritt zur Stadt auf diesem Pferd, oft liehen es sich auch seine Nachbarn aus und erwiesen den alten Leuten manch andern Dienst dafür. Aber am geeignetsten war es doch wohl, wenn sie das Pferd verkauften oder es gegen irgend etwas anderes, was ihnen mehr nützen könnte, weggaben.
Aber was konnte dies wohl sein?
„Das wirst du, Alter, am besten wissen!“ sagte die Frau zu ihm. „Heute ist gerade Jahrmarkt, reite in die Stadt, gib das Pferd für Geld hin oder mache einen guten Tausch; wie du es auch machst, mir ist’s immer recht. Reite zum Jahrmarkt!“
Und sie knüpfte ihm sein Halstuch um, denn das konnte sie besser als er, sie knüpfte es ihm mit einer Doppelschleife um: das macht sich sehr hübsch! Sie strich seinen Hut glatt mit ihrer flachen Hand und küsste ihn dann auf seinen warmen Mund. Dann ritt er fort auf dem Pferd, welches verkauft oder eingetauscht werden sollte. Ja, der Alte verstand dies schon!
Die Sonne brannte heiß, keine Wolke war am Himmel zu sehen. Auf dem Weg staubte es sehr, die vielen Leute, die den Jahrmarkt besuchen wollten, fuhren, ritten oder legten den Weg zu Fuß zurück. Nirgends gab es Schatten gegen den Brand der Sonne.
Unter anderen kam auch einer des Weges, der eine Kuh zum Markt trieb. Die Kuh war so schön, wie eine Kuh nur sein kann. „Die gibt gewiss auch schöne Milch!“ dachte der Bauer, „Das wäre ein ganz guter Tausch: die Kuh für das Pferd!“
„Heda, du da, mit der Kuh!“ sagte er, „weißt du was, ein Pferd, sollte ich meinen, kostet mehr als eine Kuh, aber mir ist das gleichgültig, ich habe mehr Nutzen von der Kuh; hast du Lust, so tauschen wir!“
„Freilich will ich das“, sagte der Mann mit der Kuh, und nun tauschten sie. Das war also abgemacht, und der Bauer hätte nun füglich wieder umkehren können, denn er hatte ja das abgemacht, um was es ihm zu tun war; allein da er nun einmal den Jahrmarkt im Kopf hatte, so wollte er auch hin, bloß um ihn sich anzusehen, und deshalb ging er mit seiner Kuh auf die Stadt zu.
Die Kuh führend, schritt er mit ihr rasch aus, und nach kurzer Zeit waren sie einem Mann zur Seite, der ein Schaf trieb. Es war ein gutes Schaf, fett und mit guter Wolle.
„Das möchte ich haben“, dachte unser Bauersmann, „es würde an unserem Zaun genug Gras finden, und über den Winter könnten wir es in der Stube halten. Eigentlich wäre es angemessenen, ein Schaf statt einer Kuh zu besitzen.“
„Wollen wir tauschen?“
Dazu war der Mann mit dem Schaf sogleich bereit, und der Tausch fand statt. Unser Bauer ging nun mit seinem Schaf auf der Landstraße weiter.
Bald gewahrte er abermals einen Mann, der vom Feld her die Landstraße betrat und eine große Gans unter dem Arm trug.
„Das ist ein schweres Ding, das du da hast; es hat Federn und Fett, dass es eine Lust ist; die würde sich erst gut ausnehmen, wenn sie bei uns daheim an einer Leine am Wasser ginge. Das wäre etwas für meine Alte, für die könnte sie allerlei Abfall sammeln. Wie oft hat sie nicht gesagt: „Wenn wir nur eine Gans hätten. „Jetzt kann sie vielleicht eine kriegen, und geht es, so soll sie sie haben! – Wollen wir tauschen? Ich gebe dir das Schaf für die Gans und schönen Dank dazu.“
Dagegen hatte der andere nichts einzuwenden, und so tauschten sie denn. Unser Bauer bekam die Gans.
Jetzt befand er sich schon ganz nahe der Stadt; das Gedränge auf der Landstraße nahm immer mehr zu; Menschen und Vieh drängten sich; sie gingen auf der Straße und längs der Zäune, ja, am Schlagbaum gingen sie sogar in des Einnehmers Kartoffelfeld hinein, wo dessen einziges Huhn an einer Schnur einherspazierte, damit es über das Gedränge nicht erschrecken, sich verirren oder verlaufen sollte. Das Huhn hatte kurze Schwanzfedern, es blinzelte mit einem Auge und sah sehr klug aus. „Kluck; Kluck!“ sagte das Huhn. Was es sich dabei dachte, weiß ich nicht zu sagen, aber unser Bauersmann dachte sogleich, als er es zu Gesicht bekam: das ist das schönste Huhn, das ich je gesehen habe, es ist sogar schöner als des Pfarrers Bruthenne. Potztausend! Das Huhn möchte ich haben! Ein Huhn findet immer ein Körnchen, es kann sich fast selber ernähren, ich glaube, es wäre ein guter Tausch, wenn ich es für die Gans kriegen könnte. – „Wollen wir tauschen?“ fragte er den Einnehmer. „Tauschen?“ fragte dieser, „ja, das wäre nicht übel!“ Und so tauschten sie. Der Einnehmer am Schlagbaum bekam die Gans, der Bauer das Huhn.
Es war gar viel, was er auf der Reise zur Stadt erledigt hatte; heiß war es auch, und er war müde. Ein Schnaps und ein Imbiss taten ihm Not; bald befand er sich am Wirtshaus. Er wollte gerade hineingehen, als der Hausknecht heraustrat und sie sich daher in der Tür begegneten. Der Knecht trug einen Sack.
„Was hast du denn in dem Sack?“ fragte der Bauer.
„Verschrumpelte Äpfel!“ antwortete der Knecht, „einen ganzen Sack voll, genug für die Schweine.“
„Das ist doch eine zu große Verschwendung. Den Anblick gönnte ich meiner Alten daheim. Voriges Jahr trug der alte Baum am Torfstall nur einen einzigen Apfel; der wurde aufgehoben und lag auf dem Schrank, bis er ganz verdarb und zerfiel. „Das ist doch immerhin Wohlstand“, sagte meine Alte; hier könnte sie aber erst Wohlstand sehen, einen ganzen Sack voll! Ja, den Anblick würde ich ihr gönnen!“
„Was gebt Ihr für den Sack voll?“ fragte der Knecht.
„Was ich gebe? Ich gebe mein Huhn in Tausch“, und er gab das Huhn in Tausch, bekam die Äpfel und trat mit diesen in die Gasstube ein. Den Sack lehnte er behutsam an den Ofen, er selber trat an den Schanktisch. Aber im Ofen war eingeheizt, das bedachte er nicht. Es waren viele Gäste anwesend; Pferdehändler, Ochsentreiber und zwei Engländer, und die Engländer waren so reich, dass ihre Taschen von Goldstücken strotzten und fast platzten, und wetten tun sie, das sollst du erfahren.
„Susss! Susss!“ Was war denn das am Ofen? – Die Äpfel begannen zu braten.
„Was ist denn das?“
„Ja, wissen sie“, sagte unser Bauersmann; – und nun erzählte er die ganze Geschichte von dem Pferd, das er gegen eine Kuh vertauscht und so weiter herunter bis zu den Äpfeln.
„Na, da wird dich deine Alte derb knuffen, wenn du nach Hause kommst, da setzt es was!“ sagten die Engländer.
„Was? Knuffen?“ sagte der Alte, „küssen wird sie mich und sagen: wie’s der Alte macht, ist’s immer richtig.“
„Wollen wir wetten?“ sagten die Engländer, „gemünztes Gold tonnenweise! Hundert Pfund machen ein Schiffspfund!“
„Ein Scheffel genügt schon“, entgegnete der Bauer, „ich kann nur den Scheffel mit Äpfeln dagegen setzen und mich selber und meine alte Frau dazu, das dächte ich, wäre doch auch ein gehäuftes Maß!“
„Topp! Angenommen!“ und die Wette war gemacht.
Der Wagen des Wirts fuhr vor, die Engländer stiegen ein, und der Bauersmann stieg ein; vorwärts ging es, und bald hielten sie vor dem Häuschen des Bauern an.
„Guten Abend, Alte!“
„Guten Abend, Alter!“
„Der Tausch wäre gemacht!“
„Ja, du verstehst schon deine Sache!“ sagte die Frau, umarmte ihn und beachtete weder den Sack noch die fremden Gäste.
„Ich habe eine Kuh für das Pferd eingetauscht.“
„Gott sei Lob! Die schöne Milch, die wir nun haben werden, und Butter und Käse auf dem Tisch! Das war ein herrlicher Tausch!“
„Ja, aber die Kuh tauschte ich wieder gegen ein Schaf ein.“
„Ach, das ist um so besser!“ erwiderte die Frau, „du denkst immer an alles; für ein Schaf haben wir gerade Grasweide genug; Schafsmilch, Schafskäse, wollene Strümpfe und wollene Jacken! Das gibt uns die Kuh nicht, sie verliert ja die Haare! Wie du doch alles bedenkst!“
„Aber das Schaf habe ich wieder gegen eine Gans eingetauscht!“
„Also dieses Jahr werden wir wirklich Gänsebraten haben, mein lieber Alter! Du denkst immer daran, mir eine Freude zu machen. Wie herrlich ist das! Die Gans kann man an einen Strick anbinden und sie noch fetter werden lassen, bevor wir sie braten!“
„Aber die Gans habe ich gegen ein Huhn eingetauscht!“ sagte der Mann.
„Ein Huhn! Das war ein guter Tausch!“ entgegnete die Frau. „Das Huhn legt Eier, die brütet es aus, wir kriegen Küchlein, wir kriegen nun einen ganzen Hühnerhof! Ei, den habe ich mir gerade erst recht gewünscht!“
„Ja! Aber das Huhn gab ich wieder für einen Sack voll verschrumpelter Äpfel hin!“
„Was? Nein, jetzt muss ich dich erst recht küssen!“ versetzte die Frau. „Mein liebes, gutes Männchen! Ich werde dir etwas erzählen. Siehst du, als du kaum fort warst heute morgen, dachte ich darüber nach, wie ich dir heute Abend einen recht guten Bissen machen könnte. Speckeierkuchen mit Schnittlauch, dachte ich dann. Die Eier hatte ich, den Speck auch, der Schnittlauch fehlte mir nur. So ging ich denn hinüber zu Schulmeisters, die haben Schnittlauch, das weiß ich, aber die Schulmeistersfrau ist geizig, so süß sie auch tut. Ich bat sie, mir eine Handvoll Schnittlauch zu leihen. „Leihen?“ gab sie zur Antwort. „Nichts, gar nichts wächst in unserm Garten, nicht einmal ein verschrumpelter Apfel; nicht einmal einen solchen kann ich dir leihen, liebe Frau!“ Jetzt kann ich ihr aber zehn, ja, einen ganzen Sack voll leihen. Das freut mich zu sehr, das ist zum Totlachen!“ Und dabei küsste sie ihn, dass es schmatzte.
„Das gefällt uns!“ riefen die Engländer wie aus einem Mund. „Immer bergab und immer lustig. Das ist schon das Geld wert!“
Und nun zahlten sie ein Schiffspfund Goldmünzen an den Bauersmann, der nicht geknufft, sondern geküsst wurde.
Ja, das lohnt sich immer, wenn die Frau einsieht und auch immer sagt, dass der Mann der Klügste und sein Tun das Richtige ist.
Seht, das ist meine Geschichte. Ich habe sie schon als Kind gehört, und jetzt hast du sie auch gehört und weißt, „wie’s der Alte macht, ist’s immer richtig!“
Über diese Märchen
Dieses Märchen wurde 1861 zum ersten mal in dem Buch namens ”Nye Eventyr og Historier. Anden Række. Første Samling. 1861” veröffentlicht.
Original-Übersetzung
Eine Geschichte werde ich dir erzählen, die ich hörte, als ich noch ein kleiner Knabe war. Jedes Mal, wenn ich an die Geschichte dachte, kam es mir vor, als würde sie immer schöner; denn es geht mit Geschichten wie mit vielen Menschen, sie werden mit zunehmendem Alter schöner.
Auf dem Lande warst du doch gewiss schon einmal; du wirst wohl auch so ein recht altes Bauernhaus mit Strohdach gesehen haben. Moos und Kräuter wachsen von selber auf dem Dach; ein Storchennest befindet sich auf dem First desselben, der Storch ist unvermeidlich! Die Wände des Hauses sind schief, die Fenster niedrig, und nur ein einziges Fenster ist so eingerichtet, dass es geöffnet werden kann; der Backofen springt aus der Wand hervor, gerade wie ein kleiner dicker Bauch; der Fliederbaum hängt über den Zaun, und unter seinen Zweigen ist ein Wassertümpel, in dem eine oder mehrere Enten liegen. Ein Kettenhund, der alle und jeden anbellt, ist auch da.
Gerade so ein Bauernhaus stand draußen auf dem Lande, und in diesem Hause wohnten zwei alte Leute, ein Bauer und eine Bäuerin. Wie wenig sie hatten, ein Stück war darunter, das nicht entbehrlich war – ein Pferd, das sich von dem Gras nährte, das es an den Einzäunungen der Landstraße fand. Der alte Bauer ritt zur Stadt auf diesem Pferd, oft liehen es sich auch seine Nachbarn aus und erwiesen den alten Leuten manch andern Dienst dafür. Aber am geeignetsten war es doch wohl, wenn sie das Pferd verkauften oder es gegen irgend etwas anderes, was ihnen mehr nützen könnte, weggaben.
Aber was konnte dies wohl sein?
„Das wirst du, Alter, am besten wissen!“ sagte die Frau zu ihm. „Heute ist gerade Jahrmarkt, reite in die Stadt, gib das Pferd für Geld hin oder mache einen guten Tausch; wie du es auch machst, mir ist’s immer recht. Reite zum Jahrmarkt!“
Und sie knüpfte ihm sein Halstuch um, denn das konnte sie besser als er, sie knüpfte es ihm mit einer Doppelschleife um: das macht sich sehr hübsch! Sie strich seinen Hut glatt mit ihrer flachen Hand und küsste ihn dann auf seinen warmen Mund. Dann ritt er fort auf dem Pferd, welches verkauft oder eingetauscht werden sollte. Ja, der Alte verstand dies schon!
Die Sonne brannte heiß, keine Wolke war am Himmel zu sehen. Auf dem Weg staubte es sehr, die vielen Leute, die den Jahrmarkt besuchen wollten, fuhren, ritten oder legten den Weg zu Fuß zurück. Nirgends gab es Schatten gegen den Brand der Sonne.
Unter anderen kam auch einer des Weges, der eine Kuh zum Markt trieb. Die Kuh war so schön, wie eine Kuh nur sein kann. „Die gibt gewiss auch schöne Milch!“ dachte der Bauer, „Das wäre ein ganz guter Tausch: die Kuh für das Pferd!“
„Heda, du da, mit der Kuh!“ sagte er, „weißt du was, ein Pferd, sollte ich meinen, kostet mehr als eine Kuh, aber mir ist das gleichgültig, ich habe mehr Nutzen von der Kuh; hast du Lust, so tauschen wir!“
„Freilich will ich das“, sagte der Mann mit der Kuh, und nun tauschten sie. Das war also abgemacht, und der Bauer hätte nun füglich wieder umkehren können, denn er hatte ja das abgemacht, um was es ihm zu tun war; allein da er nun einmal den Jahrmarkt im Kopf hatte, so wollte er auch hin, bloß um ihn sich anzusehen, und deshalb ging er mit seiner Kuh auf die Stadt zu.
Die Kuh führend, schritt er mit ihr rasch aus, und nach kurzer Zeit waren sie einem Mann zur Seite, der ein Schaf trieb. Es war ein gutes Schaf, fett und mit guter Wolle.
„Das möchte ich haben“, dachte unser Bauersmann, „es würde an unserem Zaun genug Gras finden, und über den Winter könnten wir es in der Stube halten. Eigentlich wäre es angemessenen, ein Schaf statt einer Kuh zu besitzen.“
„Wollen wir tauschen?“
Dazu war der Mann mit dem Schaf sogleich bereit, und der Tausch fand statt. Unser Bauer ging nun mit seinem Schaf auf der Landstraße weiter.
Bald gewahrte er abermals einen Mann, der vom Feld her die Landstraße betrat und eine große Gans unter dem Arm trug.
„Das ist ein schweres Ding, das du da hast; es hat Federn und Fett, dass es eine Lust ist; die würde sich erst gut ausnehmen, wenn sie bei uns daheim an einer Leine am Wasser ginge. Das wäre etwas für meine Alte, für die könnte sie allerlei Abfall sammeln. Wie oft hat sie nicht gesagt: „Wenn wir nur eine Gans hätten. „Jetzt kann sie vielleicht eine kriegen, und geht es, so soll sie sie haben! – Wollen wir tauschen? Ich gebe dir das Schaf für die Gans und schönen Dank dazu.“
Dagegen hatte der andere nichts einzuwenden, und so tauschten sie denn. Unser Bauer bekam die Gans.
Jetzt befand er sich schon ganz nahe der Stadt; das Gedränge auf der Landstraße nahm immer mehr zu; Menschen und Vieh drängten sich; sie gingen auf der Straße und längs der Zäune, ja, am Schlagbaum gingen sie sogar in des Einnehmers Kartoffelfeld hinein, wo dessen einziges Huhn an einer Schnur einherspazierte, damit es über das Gedränge nicht erschrecken, sich verirren oder verlaufen sollte. Das Huhn hatte kurze Schwanzfedern, es blinzelte mit einem Auge und sah sehr klug aus. „Kluck; Kluck!“ sagte das Huhn. Was es sich dabei dachte, weiß ich nicht zu sagen, aber unser Bauersmann dachte sogleich, als er es zu Gesicht bekam: das ist das schönste Huhn, das ich je gesehen habe, es ist sogar schöner als des Pfarrers Bruthenne. Potztausend! Das Huhn möchte ich haben! Ein Huhn findet immer ein Körnchen, es kann sich fast selber ernähren, ich glaube, es wäre ein guter Tausch, wenn ich es für die Gans kriegen könnte. – „Wollen wir tauschen?“ fragte er den Einnehmer. „Tauschen?“ fragte dieser, „ja, das wäre nicht übel!“ Und so tauschten sie. Der Einnehmer am Schlagbaum bekam die Gans, der Bauer das Huhn.
Es war gar viel, was er auf der Reise zur Stadt erledigt hatte; heiß war es auch, und er war müde. Ein Schnaps und ein Imbiss taten ihm Not; bald befand er sich am Wirtshaus. Er wollte gerade hineingehen, als der Hausknecht heraustrat und sie sich daher in der Tür begegneten. Der Knecht trug einen Sack.
„Was hast du denn in dem Sack?“ fragte der Bauer.
„Verschrumpelte Äpfel!“ antwortete der Knecht, „einen ganzen Sack voll, genug für die Schweine.“
„Das ist doch eine zu große Verschwendung. Den Anblick gönnte ich meiner Alten daheim. Voriges Jahr trug der alte Baum am Torfstall nur einen einzigen Apfel; der wurde aufgehoben und lag auf dem Schrank, bis er ganz verdarb und zerfiel. „Das ist doch immerhin Wohlstand“, sagte meine Alte; hier könnte sie aber erst Wohlstand sehen, einen ganzen Sack voll! Ja, den Anblick würde ich ihr gönnen!“
„Was gebt Ihr für den Sack voll?“ fragte der Knecht.
„Was ich gebe? Ich gebe mein Huhn in Tausch“, und er gab das Huhn in Tausch, bekam die Äpfel und trat mit diesen in die Gasstube ein. Den Sack lehnte er behutsam an den Ofen, er selber trat an den Schanktisch. Aber im Ofen war eingeheizt, das bedachte er nicht. Es waren viele Gäste anwesend; Pferdehändler, Ochsentreiber und zwei Engländer, und die Engländer waren so reich, dass ihre Taschen von Goldstücken strotzten und fast platzten, und wetten tun sie, das sollst du erfahren.
„Susss! Susss!“ Was war denn das am Ofen? – Die Äpfel begannen zu braten.
„Was ist denn das?“
„Ja, wissen sie“, sagte unser Bauersmann; – und nun erzählte er die ganze Geschichte von dem Pferd, das er gegen eine Kuh vertauscht und so weiter herunter bis zu den Äpfeln.
„Na, da wird dich deine Alte derb knuffen, wenn du nach Hause kommst, da setzt es was!“ sagten die Engländer.
„Was? Knuffen?“ sagte der Alte, „küssen wird sie mich und sagen: wie’s der Alte macht, ist’s immer richtig.“
„Wollen wir wetten?“ sagten die Engländer, „gemünztes Gold tonnenweise! Hundert Pfund machen ein Schiffspfund!“
„Ein Scheffel genügt schon“, entgegnete der Bauer, „ich kann nur den Scheffel mit Äpfeln dagegen setzen und mich selber und meine alte Frau dazu, das dächte ich, wäre doch auch ein gehäuftes Maß!“
„Topp! Angenommen!“ und die Wette war gemacht.
Der Wagen des Wirts fuhr vor, die Engländer stiegen ein, und der Bauersmann stieg ein; vorwärts ging es, und bald hielten sie vor dem Häuschen des Bauern an.
„Guten Abend, Alte!“
„Guten Abend, Alter!“
„Der Tausch wäre gemacht!“
„Ja, du verstehst schon deine Sache!“ sagte die Frau, umarmte ihn und beachtete weder den Sack noch die fremden Gäste.
„Ich habe eine Kuh für das Pferd eingetauscht.“
„Gott sei Lob! Die schöne Milch, die wir nun haben werden, und Butter und Käse auf dem Tisch! Das war ein herrlicher Tausch!“
„Ja, aber die Kuh tauschte ich wieder gegen ein Schaf ein.“
„Ach, das ist um so besser!“ erwiderte die Frau, „du denkst immer an alles; für ein Schaf haben wir gerade Grasweide genug; Schafsmilch, Schafskäse, wollene Strümpfe und wollene Jacken! Das gibt uns die Kuh nicht, sie verliert ja die Haare! Wie du doch alles bedenkst!“
„Aber das Schaf habe ich wieder gegen eine Gans eingetauscht!“
„Also dieses Jahr werden wir wirklich Gänsebraten haben, mein lieber Alter! Du denkst immer daran, mir eine Freude zu machen. Wie herrlich ist das! Die Gans kann man an einen Strick anbinden und sie noch fetter werden lassen, bevor wir sie braten!“
„Aber die Gans habe ich gegen ein Huhn eingetauscht!“ sagte der Mann.
„Ein Huhn! Das war ein guter Tausch!“ entgegnete die Frau. „Das Huhn legt Eier, die brütet es aus, wir kriegen Küchlein, wir kriegen nun einen ganzen Hühnerhof! Ei, den habe ich mir gerade erst recht gewünscht!“
„Ja! Aber das Huhn gab ich wieder für einen Sack voll verschrumpelter Äpfel hin!“
„Was? Nein, jetzt muss ich dich erst recht küssen!“ versetzte die Frau. „Mein liebes, gutes Männchen! Ich werde dir etwas erzählen. Siehst du, als du kaum fort warst heute morgen, dachte ich darüber nach, wie ich dir heute Abend einen recht guten Bissen machen könnte. Speckeierkuchen mit Schnittlauch, dachte ich dann. Die Eier hatte ich, den Speck auch, der Schnittlauch fehlte mir nur. So ging ich denn hinüber zu Schulmeisters, die haben Schnittlauch, das weiß ich, aber die Schulmeistersfrau ist geizig, so süß sie auch tut. Ich bat sie, mir eine Handvoll Schnittlauch zu leihen. „Leihen?“ gab sie zur Antwort. „Nichts, gar nichts wächst in unserm Garten, nicht einmal ein verschrumpelter Apfel; nicht einmal einen solchen kann ich dir leihen, liebe Frau!“ Jetzt kann ich ihr aber zehn, ja, einen ganzen Sack voll leihen. Das freut mich zu sehr, das ist zum Totlachen!“ Und dabei küsste sie ihn, dass es schmatzte.
„Das gefällt uns!“ riefen die Engländer wie aus einem Mund. „Immer bergab und immer lustig. Das ist schon das Geld wert!“
Und nun zahlten sie ein Schiffspfund Goldmünzen an den Bauersmann, der nicht geknufft, sondern geküsst wurde.
Ja, das lohnt sich immer, wenn die Frau einsieht und auch immer sagt, dass der Mann der Klügste und sein Tun das Richtige ist.
Seht, das ist meine Geschichte. Ich habe sie schon als Kind gehört, und jetzt hast du sie auch gehört und weißt, „wie’s der Alte macht, ist’s immer richtig!“
Über diese Märchen
Dieses Märchen wurde 1861 zum ersten mal in dem Buch namens ”Nye Eventyr og Historier. Anden Række. Første Samling. 1861” veröffentlicht.